Indianer(innen) - oder: über den Teich geschaut - Seemänninengarn
Liebe Seemänninnen und Seemänner!
Ich frage mich oft, warum sich rund hundert millionen deutschsprachiger Menschen von einigen wenigen selbsternannten Sprachwächtern und Politischkorrektschönsprechblockwarten unsere historisch gewachsene, facettenreiche, bunte und wunderschöne Sprache kampflos, ja eigentlich widerspruchslos, dermaßen verunstalten lassen, wie das Beispiel der zu Anfang verwendeten Genderisierung zeigt. (Allein schon dieser Ausdruck!) Alle Männinnen (oder Frauen?) und Mann an Deck, die Gastinnen und Gasten (nautisch: der Rudergast, der Signalgast - die RuderGASTEN, die SignalGASTEN) auf ihre Positionen, die Deckshändinnen und Deckshände an die Winschen, wir begrüßen unseren Gast Doris an Bord. In dem Fall wirklich DER Gast. (Plural: Gäste. Im Nautischen: Gasten) Oder gibt es inzwischen vielleicht wirklich auch schon die Gästin? Wir beginnen dann mit Mann / Frau / Männin / Person über Bord Manöver. Ehe ich mich derartigen, von unbekannten Instanzen oktroyierten Gepflogenheiten unterwerfe, teste ich deren Tauglichkeit an ausgefallenen Beispielen wie diesen, um zu dem Schluss zu kommen, dass eigentlich alles gut so ist, wie es war. Die gesamte Tragweite dieser Verunglimpfung unserer schönen, deutschen Sprache wurde mir allerdings erst bewusst, als ich einem englischsprachigen Freund, der meinte, einigermaßen gut Deutsch zu können, einen Artikel aus einem Fachjournal, in dem der Satz „..Bibliothekarinnen und Bibliothekare, Lehrerinnen und Lehrer, Schulleiterinnen und Schulleiter…“ vorkam, versuchte zu erläutern, wie natürlich auch Sinn, Zusammenhang und die teilweise sicher auch berechtigten Gründe für die Existenz dieser Schrift. Unsere englischsprachigen Freunde haben damit kein Problem, und können unseres daher auch nicht verstehen. Bei ...the teacher, the pupil, the director, the sailor... versteht jeder, egal ob Frau oder Mann, Schüler oder Schülerin, or whatever in between, wer damit angesprochen ist! Sollen wir uns jetzt darüber freuen, dass nicht DES als Universalartikel eingeführt wurde? Ich empfinde jedenfalls auch diese Betrachtung als nicht bestandenen Tauglichkeitstest unsere Sprache mit Gewalt genderisieren zu wollen.
Jetzt wäre ich versucht, Analysen über diese übertriebene Genderisierungswut anzustellen: Um wie viel mehr nutzlose Füllwörter, die meist auch den Inhalt vernebeln und durch permanente Repetition komplexere Texte praktisch unlesbar machen, auf diese Weise entstehen, und so Umfang wie Druckvolumina im gesamten deutschen Sprachraum um einen sicher nicht unerheblichen Prozentsatz ansteigen lassen. Dafür fehlt mir aber die Geduld, außerdem empfände ich es als katastrophale Verschwendung von Lebenszeit, deshalb wende ich mich einer weiteren, nicht minder bemerkenswerten, doch umso unterhaltsameren Facette des Politischkorrektschönsprechblockwarttums zu, nämlich der Ächtung von Bezeichnungen, die speziell Rassen, Hautfarben, Herkünfte oder Religionen definieren.
Wurde der Begriff Neger in meinem Jugendlexikon „Welt von A bis Z“ Ausgabe 1957 noch als Überbegriff für verschiedene afrikanische Ethnien verstanden, und das bestimmt weder abwertend noch negativ, so ist dieser heute ein no-go und sogar Mohrenkopf und Negerkuss sind klammheimlich, im vorauseilendem Gehorsam gegenüber den mysteriösen Sprachblockwarten, aus den Speisekarten von Cafes und Restaurants verschwunden. Was mich nun direkt zum nautischen Teil und eigentlichen Kern meiner philosophischen Betrachtungen führt.
Zu Kolumbus‘ Zeiten wusste man bereits die Nordsternbreite zu benutzen, man segelte auch bis weit in den Norden hinauf, und hatte so eine ungefähre Ahnung vom Umfang der Erde, den man auch aus einem relativ kleinen Großkreisbogenabschnittes unter Zuhilfenahme des damals ebenso schon bekannten Relingslogs, allerdings bei Berechnung mit anderen Maßeinheiten, einigermaßen bestimmen konnte. Möglicherweise dachte Kolumbus, Indien hätte eine wesentlich weitere Ausdehnung als bekannt war, ich bin allerdings überzeugt davon, dass er sehr wohl wusste, dass er eben nicht in Indien ankam, es sei denn, er hätte die Erde in Form einer Zucchini gesehen, dann hätte die geloggte Distanz vielleicht eher dem Kreisbogen nach Indien entsprochen. Wahrscheinlich aber war es Kalkül, um die Finanzierung der Folgeexpeditionen und um sein persönliches Indien nicht zu gefährden, aber darüber sind sich bekanntlich sogar die Historiker uneinig. Und obwohl wir spätestens seit Vespuccis Fahrten, nach dessen Vornamen der neue Kontinent auch Amerika genannt wurde, wissen, was damals auch Kolumbus wissen musste, nämlich dass er definitiv nicht in Indien gelandet sein konnte, nennen wir die Ureinwohner Amerikas bis heute, und mit aller Hartnäckigkeit INDIANER und INDIANERINNEN und die Karibischen Inseln „WESTINDIEN“. Wie diskriminierend, weil bar jeder Logik und gebotener später Einsicht, ist somit die Weiterführung dieser Bezeichnung für die Ureinwohner Amerikas!
Liebe Segelfreunde, und es bedarf sicher keiner Spracheverschandelung, um meiner Wertschätzung gegenüber den Leserinnen und Seglerinnen den nötigen Ausdruck zu verleihen, auch meine Frau, die an Bord ihren Mann steht und im Logbuch als erster Maat eingetragen steht, bestätigt das gerne, und Machotypen, Stehpinkler und Frauenanbordhasser werden auch durch grammatische Zwänge ihre Gesinnung nicht ändern, verzeihen Sie meinerseits die hartnäckige Nichtbefolgung derartiger grammatischer Doktrinen, und der Einbindung von Anglizismen. Auch unsere englischsprachigen Freunde benutzen einiges aus dem Deutschen, auch im Nautischen. In diesem Sinne grüsse ich Euch mit einem kräftigen, aus dem Binnenland Slowakei stammenden: AHOI